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Fontane,
Theodor (1819-1898)
Wie König Heinrich gen Frankreich zieht und was weiter
geschah
Und Heinrich, sieben Tage lang
 Hält's ihn in Londons Mauern;
 Wohl mocht' ihm jeder Stunde Gang
 Wie Lauf des Jahres dauern;
 Nun aber hält's ihn länger nicht,
 Und schüttelnd ab all Last und Pflicht,
 Fliegt er zu Lohn und Liebe.
  Daheim sein Thron und Herrscheramt
 Ward Kerker ihm und Frone:
 Nur hier, wo Seel' in Seele flammt,
 Trägt Zepter er und Krone.
 Hier ist er reich, dort ist er arm -
 Ein einzig Herze, treu und warm,
 Ist mehr als Erd' und Himmel.
  So flieht die Zeit. Des Herbstes Näh'
 Färbt kaum die Bäume gelber,
 Da kommt in seinem Kleid von Schnee
 Auch schon der Winter selber;
 Doch immerdar, wie Sturm auch tost,
 Des Königs Ziel, des Königs Trost
 Bleibt Woodstock allerwegen.
  Und Frühling wird's: Schneeglöckchen nickt
 Mit freundlicher Gebärde,
 Das schüchtern stille Veilchen blickt
 Blauäugig aus der Erde;
 Und wie so drauß es grünt und blüht,
 Da immer festre Kreise zieht
 Schloß Woodstock um den König.
  Heut aber trug ihn heim sein Roß,
 Schon hält's im Tower stampfend,
 Da sprengt ein Ritter durch das Schloß,
 Vom langen Ritte dampfend;
 Noch hemmt er kaum des Renners Lauf,
 Da klingt es schon: »Auf, König, auf!
 In Frankreich loht Empörung.«
  Der König hört's; sein Streitroß wild
 Besteigt er statt des Schecken,
 Er läßt mit Schienen sich und Schild
 Von Kopf zu Fuß bedecken;
 Er stülpt den Helm auf sein Barett
 Und steckt, als ein Plantagenet,
 Den Busch davor von Ginster.
  Der Hengst springt an, schon dröhnt und hallt
 Der Hof von Rosseshufen,
 Da seinen Diener, treu und alt,
 Läßt König Heinrich rufen;
 Herab vom Rosse spricht er laut:
 »Gen Woodstock, eh' der Morgen graut,
 Bring deines Königs Grüße.«
  Er spricht's, und durch den Tower hin
 Ist kaum er jetzt gezogen,
 Da tritt glührot die Königin
 Zurück von Fensters Bogen;
 Sie hat des Gatten Wort erlauscht,
 Und ihres Kleides Seide rauscht
 Mitzürnend in ihr Murmeln.
  Dann spricht sie laut: »Und will, Gesell',
 Mein Gold dich nicht bestechen,
 So gibt's im Wald manch gute Stell',
 Um, was nicht biegt, zu brechen:
 Kein Wörtlein von des Königs Gruß,
 Noch, daß im fernen Land sein Fuß,
 Darf je nach Woodstock dringen.
  Wohl wie nach Speis' in Hungersnot
 Wird sie nach Botschaft bangen,
 Es soll kein Bröcklein Trostesbrot
 Je zu ihr hin gelangen;
 Ich bring' ein köstlich Gift ihr bei,
 Das Zweifelgift an seiner Treu -
 Das muß das Herz ihr brechen.«
  Sie spricht's, und schreitet durch den Saal
 Und kann nicht Ruhe finden:
 Sie sieht in Ungewißheitsqual
 Ihr Opfer schon sich winden;
 Sie lacht: "Nun, Rosamunde fein,
 Laß sehn, das wird ein Probestein
 Für so ein Herz voll Liebe!"
 (Aus dem Gedichtband Von der schönen Rosamunde)
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