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Keller,
Gottfried (1819-1890)
Liebchen am Morgen
Die Sonne fährt durchs Morgentor
Goldfunkelnd über den Bergen,
Und wie zwei Veilchen im frühen Mai,
Zwei blaue Augen klar und frei,
Die lachen auf ihren Wegen
Geöffnet ihr entgegen.
Glück auf, mein Liebchen ist erwacht
Mit purpurroten Wangen!
Ihr Fenster glitzert im Morgenstrahl,
Und alle Blumen im Garten und Tal
Erwarten sie mit Sehnen,
Die Äuglein voller Tränen.
Es ist nichts Schöneres in der Welt
Als diese grüne Erde,
Wenn man darauf ein Schätzlein hat,
Das still und innig, früh und spat,
Für einen lebt und blühet,
Ein heimlich Feurlein, glühet.
Halloh, du später Jägersmann,
Was reibst du deine Augen?
Ich hab die ganze Nacht geschwärmt
Und mich am Mondenschein gewärmt,
Und steige frisch und munter
Vom hohen Berg herunter.
Mein Mädchen durch den Garten geht
Und singt halblaute Weisen;
Mich dünkt, ich kenne der Lieder Ton.
Was gilt's, ich habe sie alle schon
Heut nacht dort oben gesungen?
Sie sind herüber geklungen. |
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